§1123
Durch das „Reich der Gedanken“ hat das Christentum sich vollendet, der Gedanke ist jene Innerlichkeit, in welcher alle Lichter der Welt erlöschen, alle Existenz existenzlos wird, der innerliche Mensch (das Herz, der Kopf) Alles in Allem ist. Dies Reich der Gedanken harret seiner Erlösung, harret gleich der Sphinx des ödipischen Rätselwortes, damit es endlich eingehe in seinen Tod. Ich bin der Vernichter seines Bestandes, denn im Reiche des Schöpfers bildet es kein eigenes Reich mehr, keinen Staat im Staate, sondern ein Geschöpf meiner schaffenden – Gedankenlosigkeit. Nur zugleich und zusammen mit der erstarrten, denkenden Welt kann die Christenwelt, das Christentum und die Religion selbst, zugrunde gehen; nur wenn die Gedanken ausgehen, gibt es keine Gläubigen mehr. Es ist dem Denkenden sein Denken eine „erhabene Arbeit, eine heilige Tätigkeit“, und es ruht auf einem festen Glauben, dem Glauben an die Wahrheit. Zuerst ist das Beten eine heilige Tätigkeit, dann geht diese heilige „Andacht“ in ein vernünftiges und räsonierendes „Denken“ über, das aber gleichfalls an der „heiligen Wahrheit“ seine unverrückbare Glaubensbasis behält, und nur eine wundervolle Maschine ist, welche der Geist der Wahrheit zu seinem Dienste aufzieht. Das freie Denken und die freie Wissenschaft beschäftigt Mich – denn nicht Ich bin frei, nicht Ich beschäftige Mich, sondern das Denken ist frei und beschäftigt Mich – mit dem Himmel und dem Himmlischen oder „Göttlichen“, das heißt eigentlich, mit der Welt und dem Weltlichen, nur eben mit einer „andern“ Welt; es ist nur die Umkehrung und Verrückung der Welt, eine Beschäftigung mit dem Wesen der Welt, daher eine Verrücktheit. Der Denkende ist blind gegen die Unmittelbarkeit der Dinge und sie zu bemeistern unfähig: er ißt nicht, trinkt nicht, genießt nicht, denn der Essende und Trinkende ist niemals der Denkende, ja dieser vergißt Essen und Trinken, sein Fortkommen im Leben, die Nahrungssorgen usw. über das Denken; er vergißt es, wie der Betende es auch vergißt. Darum erscheint er auch dem kräftigen Natursohne als ein närrischer Kauz, ein Narr, wenngleich er ihn für heilig ansieht, wie den Alten die Rasenden so erschienen. Das freie Denken ist Raserei, weil reine Bewegung der Innerlichkeit, der bloß innerliche Mensch, welcher den übrigen Menschen leitet und regelt. Der Schamane und der spekulative Philosoph bezeichnen die unterste und oberste Sprosse an der Stufenleiter des innerlichen Menschen, des – Mongolen. Schamane und Philosoph kämpfen mit Gespenstern, Dämonen, Geistern, Göttern.
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